Was sind Acrylbinder?
Kunstharzdispersionen sind sind feinste Verteilungen eines Kunstharzes in Wasser. Sie werden industriell hergestellt und finden eine breite Anwendung als Bindemittel für Anstrichfarben, Klebstoffe ("Weißleim"), als Zusätze zu Strukturputzmassen etc. Als Bindemittel für Künstlerfarben eignen sich vor allem die Reinacrylat-Dispersionen. Diese enthalten ein besonders hochwertiges Kunstharz, die sogenannten Acrylharze. Chemisch handelt es sich um sogenannte Poly(methyl-)methacrylate (und Derivate davon). Diese Kunstharze zeichnen sich durch hohe Transparenz und Alterungsstabilität aus. Ein bekanntes Beispiel für diese - leider nicht ganz billigen- Kunststoffe ist das "Plexiglas". Die Reinacrylatdispersionen sind dickflüssige, milchigweiße Flüssigkeiten. So lange sie nicht eingetrocknet sind, sind sie mit Wasser verdünnbar. Die milchigweiße Farbe kommt dadurch zustande, daß das Licht an der Grenzfläche Kunststoff/Wasser reflektiert bzw. gestreut wird. Werden diese Dispersionen (mit Pigment oder ohne) vermalt, so verdunstet langsam das Wasser, und die Kunststoffteilchen verschmelzen zu einem dichten, elastischen und stabilen Film. Wenn man mit einem Pinsel eine solche Dispersion auf eine Glasplatte streicht, kann man das auch mit dem bloßen Auge beobachten: Im Verlaufe der Trocknung wird der milchigweiße Film langsam immer transparenter, bis er zu einer glasklaren, elastischen, festen Schicht erstarrt. Auf diesem "kalten Fluß" beruht die Binde- und Klebefähigkeit der Kunstzharzdispersionen. Ein besonderer Vorzug dieser Dispersionen ist, daß sie beliebig mit Wasser verdünnbar sind, aber wasserunlöslich auftrocknen. Man kann die Konsistenz der Dispersionen sehr wäßrig-flüssig halten (durch Zusatz von etwas Wasser) oder sie auch mit Verdickungsmitteln (Acrylatverdicker) auf eine pastenartig-buttrige Konsistenz einstellen. Im dünnflüssigen Zustand eignen sich Acryldispersionen für dünn lasierenden Farbauftrag, im verdickten Zustand für impastoartigen Farbauftrag, wobei die Werkspuren sehr schön stehen bleiben.
Das Verhältnis Pigment/Bindemittel beeinflußt den Oberflächencharkter und die Elastizität der getrockneten Farbschicht. Wenig Bindemittel (ca. 30 Volumen% bezogen auf das Pigment) führt zu matt auftrocknenden, spröden Farbschichten, mehr Bindemittel (ca. doppelt so viel wie Pigment) führt zu seidenglänzend auftrocknenden, elastischen Malschichten.
Ein weiterer Vorteil der dispersionsgebundenen Farben ist, daß sie nach der Trocknung wieder problemlos übermalt werden können, ohne daß die tieferen Farbschichten wieder angelöst werden. Besondere Regeln, wie das für Ölfarben geltende "fett auf mager", brauchen nicht in der für Ölfarben gültigen Strenge eingehalten zu werden. Die Farben geben beim Trocknen keine Lösungsmittel ab, die Pinsel können, solange sie noch nicht völlig eingetrocknet sind, mit Wasser ausgewaschen werden. Dies sind auch hinsichtlich Umwelt- und Arbeitsschutz eindeutige Vorteile.
Die Bindemittel trocknen völlig farblos auf und neigen nicht zum Vergilben. Reinacrylatdispersionen sind, richtig angewendet, relativ tolerant hinsichtlich ihrer Dosierung. Dies bedeutet, daß sie sowohl in geringer (aber nicht unter ca 30%, bezogen auf Pigment) als auch in hoher Menge der Farbe zugesetzt werden können, ohne daß es wie bei anderen Bindemitteln zu Rißbildung oder Runzeln kommt. Selbst ein grober Überschuß des Bindemittels schadet nicht, abgesehen davon, daß die Farben dann beginnen zu glänzen ( Der "plastikartige" Glanz solcher bindemittelreichen Acrylfarben ist nicht jedermanns Sache).
Warnen möchte ich an
dieser Stelle vor "billigeren" Kunstharzdispersionen, wie sie z.B. auf
Baumärkten als "Latexbindemittel" angeboten werden. Diese Bindemittel
sind keineswegs Naturlatex, sondern Dispersionen auf der Basis von
Polyvinylacetaten. Diese sind nicht so alterungsstabil wie die Reinacrylate, sie
neigen stark zum Vergilben und können während der Alterung verspröden und
reißen. Für gewöhnliche Anstriche mögen solche weitaus billigeren
Dispersionen genügen, jedoch nicht für gehobene künstlerische Zwecke.
Beispiele für handelsübliche Reinacrylatdispersionen, die sich zur
Künstlerfarbenherstellung eignen:
Mowilith DM 771
(Hoechst)
(Dickflüssig, für Künstlerfarben ganz hervorragend geeignet. Ergibt Farben
mit "kurzer" Konsistenz, läßt sich mit Acrylatverdickern
hervorragend verdicken.
Plextol B500 (Roehm,
Darmstadt)
Ebenfalls gut geeigneter Binder mit hohem Festkörpergehalt (ca. 50%)