zier1b.gif (1924 Byte)zier1a.gif (1920 Byte)

 

Rezepturen

oder was noch alles in einen guten Binder gehört..

Nun könnte man meinen, ich sei nun mit meinen Ausführungen am Ende, denn was brauche ich nun mehr, um eine Acrylfarbe herzustellen, als einfach Binder und Pigment zu mischen? Notfalls ist das sogar ein gangbarer Weg, aber qualitätsvolle Acrylfarben enthalten mehr als nur Dispersion und Pigment. Es sind einige besondere Zusätze notwendig, um der Farbe die gewünschten maltechnischen Eigenschaften zu verleihen.

Solche Zusatzstoffe sind:

- Ammoniakwasser (ca. 25%ige Lösung)
Ammoniak wird in geringer Menge (ca. 0,1 -0,5 % bezogen auf die Dispersion) zugesetzt, um die Dispersion pH-stabil zu halten. Die Acrylatdispersionen sind nämlich nur im neutralen bis alkalischem Medium stabil, in sauren Medien "koaguliert" die Dispersion, d.H. die Kunstharzteilchen verklumpen miteinander, die Farbe "gerinnt" und ist dann nicht mehr zu verwenden. Es kann passieren, daß man an Pigmente gerät, die Säurespuren enthalten oder eine "saure" Oberfläche besitzen. Der Ammoniak puffert die Farbe dagegen ab.

 

- Verdicker
Maltechnisch höchst interessant sind die sogenannten "Verdicker". Mit ihrer Hilfe lassen sich fast beliebige Konsistenzen einstellen. Will man die Farbe nicht dünnflüssig vermalen, sondern pastos auftragen, so kann man dazu verdickte Dispersionsbinder verwenden. Man kann die Acrylatdispersionen mit speziellen Verdickern zu buttrigen Pasten verdicken, oder auch zu eher viskoseren, emailartig fließenden Massen verändern. Für heutige Bedürfnisse sind dabei die Verdicker interessant, die sogenannte "strukturviskose" Konsistenzen erzeugen. Das bedeutet, daß die Paste in Ruhelage ihre Form behält, aber weich wird, wenn sie bewegt wird (alte Malersprache: "buttrige" Konsistenz, oder auch "kurze" konsistenz genannt (nicht zu Verwechseln mit "Thixotropen" farben, das sind Farben, die umerührt Flüssig werden, dann aber einige Minuten flüssig bleiben, bis sie wieder gelartig erstarren). Im Gegensatz dazu ist eine "lange" Farbe von honigartiger Konsistenz. Mit strukturviskosen Pasten kann man wunderbar malen, sie lassen sich leicht mit dem Pinsel oder auch dem Spachtel auftragen. Nach dem Streichvorgang bleiben die Werkspuren (Pinselstriche, Spachtelspuren) stehen, d.H. sie fließen nicht emaillartig zusammen, wie es z.B. Lackfarben tun.

Es gibt zwei Arten von Verdickern: Polyurethanverdicker (Handelsnamen: Borchigel, Tafigel) und Acrylatverdicker (ASE 60, Carbopol etc).

Die wichtigsten:

Acrylat-Verdicker: Hierunter sind die meisten der "strukturviskos" einstellenden Verdicker zu finden (Es gibt jedoch einige speziell modifizierte Typen, die der Farbe emailartige Verlaufsegenschaften verleihen).

Reine Acrylatdispersionen lassen sich mit nur wenig Acrylatverdicker zu herrlichen spachtelbaren, kurzen Pasten verdicken (ergibt eine "Acryl-Malbutter"), ohne daß man Füllstoffe zusetzen muß. Gebrauchsanweisung: Dem zu verdickenden Medium zunächst etwas Ammoniakwasser (ca. 0,5%) zusetzen (weil die Verdicker sauer reagieren), dann unter ständigem Umrühren wenig (ca 1%) des Verdickers) zurühren.

Beispiele für solche Verdicker ASE 60 (Kremer); "Carbopol"-Verdicker (Goodrich)

Letztere sind Pulver, die man zunächst in etwas Wasser aufrühren sollte, bevor man sie zum Binder gibt (um Klumpenbildung zu vermeiden) .

Polyurethan-Verdicker: z.B. Tafigel (Münzing-Chemie) oder Borchigel (Fa. Borchers).

Diese brauchen keinen Ammoniak als Hilfsmittel, sondern können unter Rühren direkt der Farbe zugesetzt werden, in Mengen von ca. 1-3%, bezogen auf die Dispersion. Sie haben eine starke Verdickerwirkung, machen die Farbe allerdings etwas "länger", d.h. zäher.

"Texanole" (Filmbildehilfsmittel)

Eingehends sprach ich von dem "kalten Fluß", bei dem sich die Kunstharzpartikel im Zuge der Trocknung vereinigen. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Kunstharzteilchen noch ein Mindestmaß an "Weichheit" besitzen, und das ist erst oberhalb einer bestimmten Temperatur der Fall, der sogenannten Mindestfilmbildetemperatur ("MFT"). Diese liegt bei den meisten für künstlerische Zwecke geeigneten Dispersionen bei durchschnittlicher Raumtemperatur oder etwas darunter. Will man bei kühleren Temperaturen malen, so müssen der Dispersion "Texanole" zugegeben werden, sogenannte "Filmbildehilfsmittel". Diese sind auch oberhalb der MFT nützlich, weil sie eine gleichmäßige, störungsfreie Filmbildung bewirken. Die Texanole sind "längerkettige Alkohole", sie werden der Dispersion in Mengen um die 1% zugesetzt.

Konservierungsmittel

Weithin unbekannt ist, daß Mikroben (Bakterien, Schimmelpilze) durchaus auch synthetische Produkte angreifen und verdauen können. Ich habe schon leidvoll feststellen müssen, wie meine besten und teuersten Acrylpasten nach einem halben Jahr Aufbewahrung im Glas einen bunten Schimmelrasen von zweifelhafter Schönheit entwickelten. Die meisten industriell hergestellten Dispersionen enthalten zwar schon Konservierungsmittel. Wer sicher gehen will, der kann geringe Mengen Konservierungsmittel zusetzen, beispielsweise "Preventol D 2" (Benzylalkohol-mono(poly)hemiformal), in Mengen von ca. 0,2%. Da die meisten Konservierungsstoffe nicht nur Mikroben, sondern auch "höheres" Leben schädigen können, sei aber Vorsicht geboten. Wenn man seine Binder oder Farben nicht ewig aufheben will, kann man getrost auf Konservierungsmittel verzichten Notfalls leistet ein einfacher Kühlschrank auch schon gute Dienste (aber nicht unter dem Gefrierpunkt, da würde die Dispersion kaputtgehen).

Was die Industrie sonst noch so alles ihren Farben zusetzt:

- "Entschäumer" (z.B. Octanol, Decanol), das Zeug stinkt, und man braucht es im künstlerischen Bereich nicht)

- Netzmittel

Diese können die Benetzung von sehr feinen Pigmenten (z.B. Ruß, Berliner Blau) erleichtern. Daher manchmal durchaus nützlich. Als Netzmittel reicht meistens ein Tropfen Geschirrspülmittel, man braucht sich daher nicht extra spezielle Produkte kaufen (z.B. "Orotan 731 K", "Triton X 100" etc)

- Stabilisatoren (z.B. Polyvinylalkohole) sollen das "Gerinnen" der Dispersionen verhindern, nach meiner rfahrung eher nutzlos.

 

Rezepturen für Acrylbindemittel

(Mengenangaben in Gewichts-%)

 

Bindemittel 1, dickflüssig

Mowilith DM 771 98,5
Texanol (Filmbildehilfsmittel) 01,0

Ammoniakwasser (25%ig)

00,5

gut durchschütteln. Dickflüssiges, wasserverdünnbares Universalbindemittel für Acrylfarben. Aufbewahrung in verschlossenen Gefäßen, da eingetrocknetes Bindemittel nicht mehr mit Wasser in Lösung zu bringen ist.

Bindemittel 2 (Acryl-Malbutter und Universal-Binderpaste)

 

Mowilith DM 771 97,0
Texanol (Filmbildehilfsmittel) 01,0

Ammoniakwasser (25%ig)

01,0

Verdicker ASE 60 

01,0

zunächst die ersten drei Komponenten gut durchmischen, dann erst unter ständigem Rühren den Verdicker zusetzen.Man muß solange durchrühren und spachteln, bis eine homogene, buttrige Paste entstanden ist.

Sicherheitshinweis:

25%iger Ammoniak wirkt ätzend, deshalb insbesondere nicht in Augen und auf Schleimhäute bringen und nicht verschlucken. Im Falle eines Unfalles sofort mit viel Wasser spülen und Arzt rufen.

In verdünnter Form (in den Farben) ist Ammoniak unbedenklich. Ammoniak stinkt etwas, ist aber ungiftig, das Einatmen der Dämpfe also ungefährlich.

Wo kriege ich all das Zeug ?

Die genannten Rohstoffe sind Produkte der chemischen Industrie; in aller Regel werden sie vom Hersteller oder deren Vertriebsfirmen in relativ großen Gebinden ("faßweise") verkauft. Wer größere Mengen benötigt (in der Regel nur Kunsthochschulen etc.) kann sich einfach an mich wenden, ich würde dann entsprechende Tips geben. Kleinmengen (bis etwa 10 liter) bezieht man günstigerweise bei Spezialhändlern für Restauratoren- und Künstlermaterialien; eine besonders preisgünstige und gut sortierte Lieferfirma: Kremer-Pigmente, 88317 Aichstetten/Allgäu. Die auf diesen Seiten von mir angegebenen Rohstoffe lassen sich über diese Firma beziehen.

zier6.gif (1000 Byte)